Fünfzehn todsichere Anzeichen
an denen man erkennt, dass man in einer gut funktionierenden, ihre Aufgabe erfüllenden Nervenheilanstalt (landläufig auch Irrenhaus genannt) untergebracht ist:
1. Messer werden zum Brotschneiden benutzt und nach Verwendung weggeschlossen (Äxte und Macheten gehören eher selten zur Grundausstattung einer Psychiatrie);
2. Klebstoffe werden nur unter Aufsicht in der Basteltherapiestunde verwendet;
3. Drogen sind unter Verschluss, werden nur nach ärztlicher Anweisung ausgegeben und ihre Einnahme kontrolliert und registriert;
4. Die Anzahl der Patienten, denen geholfen werden kann, ist limitiert durch die Anzahl der vorhandenen Betten und die Leistungsfähigkeit des medizinischen Personals;
5. Besucher müssen sich registrieren lassen und nach Ablauf der Besuchszeit die Einrichtung verlassen, bei Unklarheiten hilft gerne freundlich, aber unmissverständlich das Personal;
6. Verstoßen Patienten gegen die Hausregeln, werden sie der Einrichtung verwiesen;
7. Opfer von Verbrechen erhalten Hilfe und werden betreut;
8. Das Personal ist für die Erfüllung seiner Aufgabe qualifiziert und kann in vollständigen, grammatikalisch korrekten Sätzen reden. Es weiß, dass der Glaube vielleicht Wunder wirken kann, aber nur Wissen wirklich heilt. (Die Notwendigkeit, Wasser in Wein zu verwandeln, das Meer zu teilen, über Selbiges zu schreiten; Atomkraftwerke abzuschalten, um die Welt zu retten, oder durch die Lieferung von noch mehr Waffen Frieden zu schaffen, ist in einer Psychiatrie eher selten gegeben);
9. Masken trägt nur das medizinische Personal und auch das nur zu gegebenem Anlass und zu Halloween (und nein, Halloween ist nur einmal im Jahr);
10. Der Zugang zu Fernsehern, Computern und Handys und damit die Flucht in eine Scheinrealität ist nur zu bestimmten, stark eingeschränkten Zeiten möglich (Ich erwähnte bereits, dass der Konsum von Drogen kontrolliert wird);
11. Das medizinische Personal ist sich bewusst, dass es Verantwortung für die ihm anvertrauten Patienten und deren Wohlergehen trägt, und stellt sich ihr auch jeden Tag aufs Neue;
12. Als geheilt werden Patienten angesehen, die sich der Realität stellen können und mit der Lebenswirklichkeit klarkommen. Das Bauen von Luftschlössern verlängert hingegen die Aufenthaltsdauer;
13. Für die Zeitdauer des Aufenthalts in der Einrichtung erhalten die Patienten keine finanziellen Zuwendungen, sondern ausschließlich medizinische Versorgung. Auch das nur, sofern sie zuvor in einen der gesamten Gesellschaft nutzenden Fond – genannt: Krankenversicherung – eingezahlt haben;
14. Dicke Mauern, Gittern und abgeschlossene Türen sind nicht notwendig, um die Patienten vor „denen da draußen“ zu schützen. (Sie dienen der Gesellschaft zum Schutz vor den noch nicht geheilten, schweren Fällen und dem Schutz der Patienten vor sich selbst);
15. Angehörige des Personals, die Patienten beklauen oder die falschen Medikamente verabreichen, erhalten weder einen amerikanischen Pass mit sicherem Geleit noch einen Aufsichtsratsposten, sondern werden gefeuert.
Schlimmer geht nimmer?
Sie vermissen die Liste der fünfzehn Punkte, woran man erkennt, dass man in Deutschland einsitzt? Ich möchte Ihnen zum einen nicht den bitteren Spaß verderben, diese Liste selbst zu erstellen, zum anderen kann ich mir keine Anwälte leisten.
Sie wissen ja: Nicht der ist der Böse, der den Dreck macht, sondern der, der auf ihn zeigt. Das wäre dann der Punkt 16 auf der Liste: Woran man erkennt, dass man in Deutschland lebt.
Image by Stefan Keller from Pixabay